Oliver Kahn würde sagen: „Die haben aber Eier”. Porsche bringt seinen Goldesel Macan ausschließlich elektrisch. Trotzdem sollen Performance und Fahrspaß herausragend sein. FrontRowSociety saß schon hinterm Steuer.
Fragt man das World Wide Web nach dem Begriff „Mut“, so erhält man bei Wikipedia folgende Definition: “Mut bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen… wie einen der Sprung vom Fünfmeterturm ins Wasser.” Was Porsche ab Sommer wagt, kommt eher dem Sprung von einer hohen Klippe auf einen asphaltierten Parkplatz gleich. Die Stuttgarter werden ihren Goldesel Macan in Zukunft nur noch und ausschließlich vollelektrisch anbieten. Lediglich in Ländern, wo das elektrische Zeitalter noch etwas länger zum Entfalten braucht, gibt es den alten Macan noch etwas länger.
Die haben Eier! Schließlich ist der Macan neben dem Cayenne die sicherste Bank des Hauses. Seit 2013 über 800.000 Mal verkauft, hat der Sport-SUV bei Porsche die meisten weiblichen Käufer, den höchsten Neukundenanteil – und erwirtschaftet auch mit den höchsten Deckungsbeitrag.
Statt Hochoktanigem fließt also demnächst Strom durch die Sportleradern des Macan. Das könnte manch potenziellen Kunden den Stecker ziehen. Porsche sagt: Im Gegenteil. Der Macan wird potenter denn je. Dafür wurde alle Energie in den Neustart gesetzt. Keine Schraube hat der Neue mehr mit dem Alten gemeinsam. nicht mal mehr das Logo.
Beim ersten exklusiven Fototermin in einem abgelegenen, geheimen Studio bei Stuttgart, konnte sich FrontRowSociety den Macan 4 schon mal anschauen. Das erste Urteil: Auch wenn alles neu ist, erkennen wir den Macan sofort. Eine moderne Interpretation, mit kurzen Überhängen und einem coupéhaften Körper. Gut zehn Zentimeter länger streckt er sich jetzt (4,78 m), ist auch etwas breiter geworden, dafür minimal flacher. An der Front fallen die konturierten Kotflügel auf, sie beherbergen LED-Scheinwerfer mit vier waagerechten LEDs, wie sie bereits der Taycan hat.
Auf einen klassischen Kühlergrill verzichtete das Designer-Team um Michael Mauer. Der Fahrtwind strömt im unteren Bereich durch die Öffnungen vorbei an variablen Kühlluftklappen und einem geschlossenen Unterboden. Die neuen Räder (20 bis 22 Zoll) sind ebenfalls strömungsoptimiert. Oben sucht sich der Wind seinen Weg über die typische Flyline-Dachlinie und rahmenlose Seitenscheiben bis zum Heck, wo ein aktiver Spoiler ab 60 km/h den Anpressdruck in drei Grundstufen (Eco, Sport, Sport+) erhöhen soll. Alles stand im Zeichen der Aerodynamik. Der CW-Wert beträgt exzellente 0,25. Im Vergleich zum aktuellen Macan mit 0,37, bedeutet das mindestens 85 Kilometer mehr elektrische Reichweite.
Der Umstieg auf Stromantrieb bringt vor allem für die Passagiere mehr Platz. Die können hinten nun 540 bis 1.348 Liter Gepäck einladen, zudem gibt es vorne, unter der Haube, ein zusätzliches 84 Liter-Fach (Frunk) zum Verstauen von Ladekabeln und kleinen Taschen. Gegenüber dem Vorgänger bietet der Macan 4 insgesamt 136 Liter mehr Ladevolumen.
Da auch der Radstand um üppige 86 Zentimeter zulegt, wächst die Beinfreiheit auf der Rückbank gefühlt um mindestens eine halbe Klasse. Das Cockpit und das Ambiente sind zwar auch komplett neu, aber typisch Porsche. Vieles erinnert an den Taycan. Wie die drei Bildschirme, einer davon für den Beifahrer. Schaut er Filme, verhindert eine Spezialfolie, dass der Fahrer ihm etwas abguckt. Erstmals gibt es im Macan ein Head-Up Display. Augmented Reality-Technologie projiziert virtuelle Elemente wie Navigationspfeile zum Greifen nahe in die Scheibe. Das neue Betriebssystem nutzt ab sofort Android Automotive OS, Apps wie Spotify lassen sich herunterladen, per QR-Code wandern die eigenen Playlists in den Macan. Alles ganz easy und superschnell.
Auf dieses Stichwort treffen wir im Tiefgeschoss immer wieder. Die Sportabteilung des elektrischen Macan ist darauf ausgelegt, neue Maßstäbe zu setzen. Performance und Power sollen überragend sein. Porsche bietet den Macan 4 zunächst in zwei Leistungsstufen an. Mit 408 PS und 639 PS beim vorläufigen Topmodell, das erneut den absurden Beinamen “Turbo” trägt – wäre in etwa so, als würde auf der Verpackung eines Veggie-Burgers der Sticker „mit herzhaften Rindfleisch” kleben.
Der turboschnelle Stromer soll 260 km/h schaffen und seine rund 2,3 Tonnen mit der Kraft von 1.130 Newtonmetern in 3,3 Sekunden auf Tempo 100 katapultieren. Wer glaubt, das sei alles, hat die Stromrechnung ohne Porsche gemacht. Denn weitere Sport-Kürzel sind bereits in Arbeit: ein S, ein T, auch ein GTS sind wahrscheinlich.
Zum Serienstart stempelt der Macan 4 seine Power stets über zwei, gemeinsam mit Bosch neu entwickelte E-Motoren auf den Asphalt, fährt also immer als Allradler. Modelle mit Heckantrieb folgen. Die Elektronik verteilt die Kraft dabei fünf Mal schneller als konventionelle Systeme und soll binnen zehn Millisekunden auf Schlupf reagieren können. Gespeist werden die Synchronmotoren aus einer 100 kWh-Batterie, die auch der kommende Audi Q6 e-tron erhalten wird. Diese soll eine um 60 Prozent höhere Energiedichte als aktuelle Porsche-Akkus besitzen und 30 Prozent weniger Kobald benötigen. Sie wiegt rund 600 Kilo und hat zwölf Module mit 180 Zellen. Der Zulieferer ist CATL. Zusammengefügt wird alles im Werk Leipzig, wo der Macan 4 dann auch vom Band laufen wird.
Unter optimalen Bedingungen verspricht Porsche eine maximale Reichweite von bis zu 613 Kilometern für den Macan 4 und bis zu 591 Kilometer für den Turbo. Da der E-Antrieb auf einer 800 Volt-Architektur basiert, soll der Akku ruckzuck zu neuer Energie kommen. Die maximale Ladeleistung beträgt bis zu 270 kWh, an einer geeigneten Schnellladesäule steigt der Pegelstand in 21 Minuten von 20 auf 80 Prozent, Power für 100 Kilometer soll in vier Minuten “nachgetankt” sein. An 400-Volt-Säulen nutzt Porsche das sogenannte Bank-Laden. Dabei teilt die Elektronik die 800 Volt-Batterie in zwei Hälften mit halber Spannung und lädt mit bis zu 135 kW.
Damit die unbändigen Kraftreserven auch wirklich geordnet auf der Straße ankommen, wurde das Fahrwerk komplett neu entwickelt. Die tiefe Lage der Batterie und eine Gewichtsverteilung von 48 Prozent vorne und 52 Prozent hinten spielten der Performance natürlich in die Karten. Der Macan 4 geht mit konventioneller Stahlfederung an den Start, der Turbo fährt standardmäßig mit Luftfederung und elektronisch geregelten Dämpfern. Beim Porsche Active Suspension Management (PASM) kommt die neue Zwei-Ventil-Technik zum Einsatz, mit der bereits der Cayenne die Schere zwischen Performance und Komfort noch ein Stückchen weiter öffnete. Turbo-Kunden pflanzt Porsche zudem noch die elektronisch geregelte Quersperre Torque Vectoring Plus in die Hinterachse. Erstmals erhält der Macan auch eine Hinterachslenkung, die nicht nur die Fahrstabilität bei hohem Tempo verbessern soll, sondern auch einen citytauglichen Wendekreis von 11,1 Metern ermöglicht.
Seinen Mutwagen lässt sich Porsche natürlich gut bezahlen. Mit mindestens 83.100 Euro startet der Macan 4 rund 14.000 Euro über dem jetzigen Einstiegsmodell. Okay, mit deutlich mehr Power und Ausstattung. Der Turbo steht mit 114.600 Euro in den Preislisten und überflügelt das aktuelle Topmodell Macan GTS mal eben um satte 18.500 Euro. Auch diese Preispolitik ist ganz schön mutig.
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