Knallbunt, ein Farbenrausch für die Sinne, inmitten eines Kunstwerks einen Kaffee trinken und sich dabei den Hals verrenken, damit man bloß alle Facetten dieser einzigartigen Kunstinstallation erfassen kann. Wo geht das? Im Museumscafé des Fridericianum in Kassel.
Die Künstlerin Kerstin Brätsch entwickelte die optisch auffällige Intervention MIMIKRY eigens für die Rotunde des Fridericianum, die sich im Zentrum des Gebäudes befindet. Der erste Blick fällt direkt auf die Mitte des Museums, gleichzeitig verweist jene Installation auf die Bedeutsamkeit des Fridericianum, denn Kerstin Brätsch realisierte bereits derartige Projekte im Museum of Modern Art in New York sowie in der LUMA Foundation in Arles.
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Was erwartet uns im Fridericianum
„Es gibt keinen richtigen Schwerpunkt, ein paar Erkennungsmerkmale, würde ich sagen. Mir ist es wichtig, dass wir das gesamte Spektrum der schönen Künste abbilden. Von Filmkunst, Videokunst über Malerei, Skulptur bis hin zu Fotografie. Die Besonderheit ist, dass wir ausschließlich Künstler:innen zeigen, die noch nicht in Deutschland zu sehen waren oder ganz lange nicht zu sehen waren“, erklärt Moritz Wesseler, Direktor des Fridericianum, das er als Kunsthalle versteht.
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Ein Beispiel dafür ist die Ausstellung von Melvin Edwards, die vom 31. August 2024 bis zum 9. Februar 2025 gezeigt wurde. 50 Werke des amerikanischen Bildhauers, Installationskünstlers und Zeichners versammelte man unter dem Namen Some Bright Morning, um seine abstrakte Formensprache darzustellen, die zuweilen einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Diese institutionelle Einzelausstellung ist nicht nur seine erste in Deutschland, sondern auch die erste des Künstlers in Europa.
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Dabei werden die Ausstellungsräume bewusst offen gestaltet, sodass die einzelnen Exponate nicht dicht an dicht stehen und sich ihrer Bedeutung und Wirkung berauben. Unterschiedliche Perspektiven eröffnen verschiedene Sichtweisen – und das nicht nur rein optisch. Überdimensionalen Kunstwerken wird der Raum gegeben, der für deren Verständnis benötigt wird. So gleicht die Ausstellung einer Wandelhalle, in der man in die Kunst eintaucht. Über das ganze Jahr gibt es zeitgenössische, schöne Kunst zu sehen. Laut Moritz Wesseler wird die Ausstellungsfläche des Hauses wie ein Tetrissystem genutzt, um wechselnde Expositionen zu arrangieren.
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Kunst an die Frau bzw. an den Mann gebracht
Oft beobachtet Moritz Wesseler die Künstler über Jahre hinweg, bevor eine Ausstellung kuratiert wird. Um die bzw. den Richtigen zu finden, bedarf es einerseits Gespür und Sachkenntnis, andererseits braucht es auch ein Netzwerk. Die Kunsthalle Bern sowie das Palais de Tokyo in Paris sind zwei Partner, mit denen das Fridericianum in engem Kontakt steht. Bleiben wir beim Beispiel von Melvin Edwards: In modifizierter Art und Weise wird die Einzelausstellung 2025 und 2026 in beiden Häusern umgesetzt werden. Für den Künstler ist das Mutterhaus der documenta sozusagen das Sprungbrett nach Europa.
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Mit der Weitergabe an renommierte Partner wird Kassel als Ort der Kunst über die Landesgrenzen hinaus wahrgenommen und ist quasi mit Künstlern unterschiedlicher Couleur zwischen den einzelnen documenta-Ausstellungen sichtbar. Moritz Wesseler ist sich der Bedeutung des Netzwerks bewusst und forciert die Zusammenarbeit mit den Partnern, um für beide – Künstler wie Museum – die Bekanntheit zu maximieren: „Wir haben auch eine weitere Ausstellung, die tourt. Das ist die Ausstellung der schwedischen Malerin Ulla Riken. Diese wurde auch für Kassel produziert und ist dann von Kassel nach Finnland gewandert, ins dortige Museum of Modern Art, und wird danach weiterwandern nach Schweden.“ „Dabei war es bisher nie der Fall, dass wir proaktiv andere Häuser angefragt haben.“ Das spricht natürlich für den Spürsinn von Moritz Wesseler und den seiner zehn Kolleg:innen.
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Fridericianum – als Flaggschiff geboren
Die Vorreiterrolle scheint dem Fridericianum auf den Leib geschrieben zu sein. Es ist eines der ältesten öffentlichen Museen Europas. Zunächst diente das 1779 unter Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel eröffnete Haus als Bibliothek, Kunst- und Naturkundemuseum. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt, jedoch später wiederaufgebaut. Seit 1955 ist das Fridericianum der zentrale Ausstellungsort der documenta, die sich seither als weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst etabliert hat.
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Die documenta, die alle fünf Jahre stattfindet, nutzt das Museum als Herzstück für avantgardistische Kunstprojekte und gesellschaftskritische Installationen. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist das Fridericianum als bedeutendes Zentrum für moderne Kunst in aller Munde. Allerdings funktioniert die Reduktion auf die berühmte Kunstausstellung nicht. Der Spannungsbogen bleibt stets erhalten und bewegt sich auf hohem künstlerischen Niveau.
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Kunst in die Stadt gebracht
Außerdem nutzen Künstler und Künstlerinnen die Stadt Kassel als Kunstraum. Also: Augen auf bei einer Sightseeing-Tour! Joseph Beuys sorgte mit seinem Kunstprojekt 7000 Eichen für Furore. Bis heute bereichert diese unkonventionelle Art der Stadtbegrünung Kassel. Um die Bürger der nordhessischen Stadt weiterhin im Blick zu behalten, plant man im Sommer dieses Jahres ein weiteres Außenprojekt mit der Künstlerin Cosima von Bonin. Am Samstag, den 14. Juni 2025, eröffnet die Ausstellung mit dem Titel 7000 Palmen. Palmen als Wimpel bzw. Wimpelkette werden das zentrale Thema sein.
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Nun trifft die Bezeichnung „Außenprojekt“ nicht ganz den Nagel auf den Kopf. Die Dekoration erfolgt schon innerhalb der Mauern des Fridericianum, vielleicht auch auf dem Friedrichsplatz. Jedoch lädt das Museum die Kasseler ein, die Palmen-Wimpelketten im Museum abzuholen, um diese im eigenen Vorgarten, in der Schule oder im Kindergarten, aber auch vor dem Firmensitz aufzuhängen und die Verbundenheit mit ihrer Heimatstadt und den bahnbrechenden Kunstkonzeptionen zu demonstrieren.
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Die Lage im Herzen von Kassel ist ein Synonym für die zentrale Rolle des Fridericianum als Museum zur Präsentation wegweisender zeitgenössischer Kunst. Genießt man zum Abschluss eines Besuchs einen Kaffee samt Kuchen im Café, nimmt man die Buntheit ebenfalls als Synonym wahr, wie mannigfaltig Kunst und die Art, sich auszudrücken, doch ist. Deshalb sollte man keinesfalls versäumen, die Toilette aufzusuchen. Denn in der Nähe des „Unorts“ befindet sich eine speziell für das Fridericianum geschaffene Klanginstallation von Kai Althoff.
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Übernachtungstipp: Renthof Kassel
Der Renthof Kassel bietet charmantes Ambiente, historische Architektur und exzellente Lage. Nur wenige Gehminuten vom Fridericianum entfernt, kombiniert das Boutique-Hotel stilvolle Zimmer, erstklassige Gastronomie und herzlichen Service – perfekt für Kunstliebhaber!
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