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FrontRowSociety-Herausgeberin Annett Conrad führte mit dem Landeshauptmann von Salzburg, Dr. Wilfried Haslauer, ein Interview über die Ausstellung „BEYOND BECKMANN PART II“ im Salzburger „Museum Kunst der Verlorenen Generation“. Als Vorsitzender der Landesregierung Salzburg übernahm er die Schirmherrschaft über diese Ausstellung. Haslauer und Salzburg verbindet ein ganzes Leben. Er wurde in der Stadt an der Salzach geboren, wuchs dort auf und begann seine berufliche Karriere als Anwalt ebenfalls in der Mozartstadt. Seit über 11 Jahren lenkt der Vater von vier Kindern nun die Geschicke des Landes Salzburg. Welche wichtige Rolle er in der Kulturförderung sieht und wie er zur Aufarbeitung der Geschichte des NS-Regimes steht, ist im nachfolgenden Gespräch zu lesen. 

Exklusives Interview mit Dr. Wilfried Haslauer – Landeshauptmann von Salzburg

Exklusives Interview mit Dr. Wilfried Haslauer - Landeshauptmann Salzburg
Dr. Wilfried Haslauer – Landeshauptmann Salzburg / Foto: Land Salzburg/Neumayr/Leopold

Annett Conrad: Herr Landeshauptmann, Sie haben die Schirmherrschaft für die Ausstellung „BEYOND BECKMANN PART II“ im „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ übernommen. Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?

Dr. Wilfried Haslauer: Als Landeshauptmann ist mir die Förderung von Kunst und Kultur in unserem Land eine Herzensangelegenheit. Die Ausstellung „BEYOND BECKMANN PART II“ im „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ in Salzburg bietet eine wertvolle Gelegenheit, das kulturelle Erbe jener Künstler zu würdigen, die während der NS-Zeit verfolgt wurden. Diese Ausstellung bringt wichtige historische und künstlerische Beiträge ans Licht, die lange Zeit vernachlässigt wurden. Durch die Übernahme der Schirmherrschaft möchte ich die Sichtbarmachung und die Bedeutung dieser Künstler würdigen und sicherstellen, dass ihre Werke und Geschichten in der breiten Öffentlichkeit Anerkennung finden.

Mit der exquisiten Sammlung des Stifters Prof. Dr. Heinz R. Böhme werden Künstlerinnen und Künstlern der Klassischen Moderne, deren Werk zur Zeit der Nazi-Diktatur verfemt und verboten war, eine neue, würdevolle Bühne bereitet. Neben der Dauerausstellung werden auch spezielle Sonderausstellungen gezeigt; das Museum bietet auch für Stammpublikum immer wieder Neues sowie exzellente Publikationen mit neuen Forschungsergebnissen.

Teil waren die Künstler der Werke, die im
Teils waren die Künstler der im ‚Museum Kunst der Verlorenen Generation‘ ausgestellten Werke vor der Machtübernahme der Nazis Meisterschüler. Dann verschwanden ihre Kunstwerke spurlos / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Was ist Ihnen persönlich an der Kunst der „Verlorenen Generation“ besonders wichtig?

Dr. Wilfried Haslauer: Die Werke der Kunst der „Verlorenen Generation“ haben eine tiefgreifende emotionale und historische Bedeutung. Diese Kunstwerke sind Zeugnisse einer prägenden Epoche und bieten wertvolle Einblicke in das Leben jener Künstlerinnen und Künstler, die während des Nationalsozialismus verfolgt und unterdrückt wurden. Die Vielfalt und Experimentierfreudigkeit dieser Kunstwerke zeigt deren ungebrochenen kreativen Geist und Fähigkeit, trotz widrigster Umstände neue Wege des künstlerischen Ausdrucks zu finden.

Die Kunst der „Verlorenen Generation“ stellt eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart her, indem Geschichten erzählt werden, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

Kunststudentin Maximiliane Luise Seng (li.) teilt mit FrontRowSociety-Herausgeberin Annett Conrad ihre Begeisterung für die Pionierarbeit des Stifters der Sammlung Prof. Dr. Heinz R. Böhme / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Wie sehen Sie die Bedeutung der Ausstellung „BEYOND BECKMANN PART II“ für Salzburg und Österreich?

Dr. Wilfried Haslauer: Die Ausstellung „BEYOND BECKMANN PART II“ bereichert das kulturelle Angebot Salzburgs und Österreichs und trägt dazu bei, das Bewusstsein für ein wichtiges Kapitel der Kunstgeschichte zu schärfen. Diese Ausstellung fördert das Verständnis für die Auswirkungen politischer Repression auf die Kunst und stärkt das historische Bewusstsein der Menschen. Zudem ist die Ausstellung für die lokale und nationale Kunstszene eine wichtige Anerkennung und Würdigung der „Verlorenen Generation“.

Annett Conrad: Die Ausstellung zeigt Werke von Künstlern, die durch den Nationalsozialismus verfemt wurden. Inwieweit sehen Sie die Verantwortung der Politik, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern und gegen Antisemitismus und Ausgrenzung zu kämpfen?

Dr. Wilfried Haslauer: Österreich kommt im Umgang mit diesem dunkelsten Kapitel seiner Geschichte und der Erinnerungskultur an die zahllosen unschuldigen Opfer des Nazi-Terrors eine besonders hohe Verantwortung zu. Die politischen Entscheidungsträger in unserem Land haben daher mit aller Entschlossenheit gegen jede Form und Ausprägung von Antisemitismus in Österreich vorzugehen.

Annett Conrad: Das „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ widmet sich einem wichtigen, aber auch lange vernachlässigten Kapitel der Kunstgeschichte. Welche Rolle kann das Museum Ihrer Meinung nach spielen, um diese Kunst einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen?

Dr. Wilfried Haslauer: Durch regelmäßige Ausstellungen, Bildungsprogramme und Kooperationen des Museums mit anderen kulturellen Institutionen kann die Reichweite und das Verständnis für die Kunst der „Verlorenen Generation“ ausgebaut und verdeutlicht werden; damit auch die einzigartige inhaltliche Ausrichtung des Museums im deutschsprachigen Raum. Eine starke digitale Präsenz und innovative Vermittlungsformate, wie virtuelle Ausstellungen und interaktive Workshops, sind ebenfalls wichtige Werkzeuge, um ein breites und diverses Publikum zu erreichen. Darüber hinaus kann das Museum durch Forschung und Publikationen zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema beitragen und somit eine nachhaltige Bewusstseinsbildung fördern.

Prof. Dr. Heinz R. Böhme erweckte die Kunstwerke aus dem Dornröschenschlaf. In Scheunen oder auf Dachböden verbargen sich noch weit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wahre Schätze, deren Urheber bis heute von Maximiliane Luise Seng und ihren Kolleg:innen gesucht werden / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Was erwarten Sie sich persönlich von der Ausstellung und was hoffen Sie, dass die Besucher mitnehmen können?

Dr. Wilfried Haslauer: Persönlich erwarte ich von der Ausstellung eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Kunst und den individuellen Geschichten der „Verlorenen Generation“. Ich erhoffe mir, dass durch diese Ausstellung ein neues Bewusstsein und eine größere Anerkennung für diese wichtigen, aber oft vergessenen Künstlerinnen und Künstler geschaffen wird.

Für die Besucherinnen und Besucher hoffe ich, dass sie nicht nur die ästhetische und künstlerische Vielfalt der ausgestellten Werke erleben, sondern auch ein tieferes Verständnis für die historischen und persönlichen Hintergründe dieser Künstler gewinnen. Die Ausstellung soll inspirieren, zum Nachdenken anregen und das Bewusstsein des „Nicht-vergessens“ stärken. Denn seit es Kunst gibt, war sie unbestechlicher Seismograph kultureller und gesellschaftlicher Entwicklung und war somit auch ein verlässliches Frühwarnsystem.

Ich bin Herrn Prof. Dr. Böhme für sein so großes, gesellschaftspolitisches Engagement im Aufbau der Sammlung und des Museums sehr dankbar und weiß sein ehrenamtliches privates Engagement hoch zu schätzen. Ich danke auch der Böhme-Stiftung und dem „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ für diesen besonders wertvollen Salzburger Beitrag zur Erinnerungskultur.

Mit wechselnden Ausstellungen und Events möchte das „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ auf die vergessenen Werke und Kunstschaffenden aufmerksam machen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Die Kunst der „Verlorenen Generation“ zeichnet sich oft durch eine große formale Vielfalt und Experimentierfreudigkeit aus. Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser künstlerischen Innovationen ein?

Dr. Wilfried Haslauer: Die formale Vielfalt und Experimentierfreudigkeit der künstlerischen Innovationen haben den Kunstbegriff erweitert und wichtige Impulse für die Entwicklung der modernen Kunst gegeben. Diese Künstlerinnen und Künstler haben neue Techniken und Stilrichtungen eingeführt, die nachfolgende Generationen inspiriert und die Kunstgeschichte nachhaltig geprägt haben. Ihre Werke dokumentieren nicht nur die historischen und gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit, sondern sind auch Ausdruck ihrer persönlichen Resilienz und ihres kreativen Mutes. Diese Innovationen zeigen, wie Kunst in Zeiten der Krise neue Wege finden und wichtige kulturelle und ästhetische Werte schaffen kann.

Annett Conrad: Welche Chancen sehen Sie durch die Zusammenarbeit zwischen Kunstinstitutionen wie dem „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ und der Regierung, um die kulturelle Landschaft zu stärken und zu fördern?

Dr. Wilfried Haslauer: Die Zusammenarbeit zwischen Kunstinstitutionen wie dem „Museum Kunst der Verlorenen Generation“ und der Regierung bietet die Gelegenheit, die kulturelle Landschaft zu stärken, zu bereichern und neue Themenschwerpunkte zu setzen. Sie ermöglicht die Aufarbeitung und Bewahrung eines wichtigen Teils unseres kulturellen Erbes und unserer Geschichte. Solche Partnerschaften leisten immer einen wichtigen Beitrag, die kulturelle Landschaft sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu beleben.

Annett Conrad: Gibt es spezifische Ziele oder Initiativen Ihrer Regierung, um Kunst und Kultur in Ihrem Land zu unterstützen und zu fördern?

Dr. Wilfried Haslauer: Die Salzburger Landesregierung lebt eine umfassende und vielfältige Kulturpolitik, die sowohl das historische Erbe pflegt, als auch die zeitgenössische Kunst und Kultur fördert. Unter anderem durch die Unterstützung bedeutender Salzburger Institutionen und Veranstaltungen sowie durch die Förderung kultureller Bildung, trägt die Salzburger Landesregierung maßgeblich zur reichen und breit gefächerten Kulturlandschaft und deren positiver Entwicklung in allen Bereichen bei.

Wir möchten der Kunst und Kultur in Salzburg jenen gebührenden Raum geben, der es ermöglicht, das Vergangene zu wahren und das Gegenwärtige zu schätzen, zu reflektieren und gegebenenfalls neu zu denken.

Jede Menge Kunst und Kultur von gestern bis heute erwartet die Besucher Salzburgs / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Was halten Sie vom Magazin FrontRowSociety? Vielleicht in Bezug auf die ausgewählten Themen und deren Darstellung, die ausführlichen Reportagen und die Qualität der Fotos?

Dr. Wilfried Haslauer: FrontRowSociety ist ein Magazin, das durch seine sorgfältige und vielfältige Themenauswahl, Reportagen und exzellenter Fotografie überzeugt. Leserinnen und Leser, die sich für Bereiche wie Kulinarik und Reisen interessieren, werden hier auch auf wertvolle Inhalte der Kulturwelt aufmerksam. Die Rubrik „Museen, Kunst & Kultur“ weist u.a. auf die aktuellsten und wichtigsten Neuheiten der Ausstellungskultur in der Kunst hin, die weltweit konzipiert und vorgestellt werden. Aber auch kulturhistorische Themen werden aufgearbeitet und in die Gegenwart geholt.

Ich bedanke mich bei Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer für die aufschlussreichen Antworten. Hier geht es zu unserem Artikel über das überaus spannende Museum, das bei einem Besuch in Salzburg nicht außer Acht gelassen werden sollte: Museum Kunst der Verlorenen Generation

Annett Conrad, Redakteurin und Mitherausgeberin von FrontRowSociety - The Magazine 
Annett Conrad, Redakteurin und Mitherausgeberin von FrontRowSociety – The Magazine

FrontRowSociety-Redakteurin Annett Conrad führte das exklusive Interview mit im August 2024. 

Weitere Informationen sind zu erfragen über 

Büro Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer
Land Salzburg
Chiemseehof, Stiege 1
5010 Salzburg
Österreich