Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

In Besançon dreht sich alles um das Uhrenhandwerk. Die Ursprünge dafür liegen in der Nähe zur Schweiz, wo die Tradition der Uhrmacherei schon damals weit verbreitet war, sowie an einer Entscheidung der französischen Regierung in Paris, die 1793 die pittoreske Stadt der Region Bourgogne-Franche-Comté für den neuen Wirtschaftszweig auswählte.

Die Uhrmachertradition in Besançon

Damit die neue Geschäftsidee florieren konnte, wurden Schweizer Uhrmacher nach Besançon eingeladen und als Anreiz für ihre Umsiedlung nicht nur gut bezahlt, sie lebten auch steuerfrei. Die Produktion der Uhren fand hauptsächlich in kleinen Werkstätten statt, die auf bestehenden Gebäuden errichtet wurden, wobei die zusätzliche Etage mit ihren vielen Fenstern für natürliches Licht sorgten. Diese Bauten prägen noch heute das Stadtbild. Um die lokale Bevölkerung in die Uhrmacherkunst einzuführen, wurde 1862 eigens eine Schule dafür gegründet.

Das obere Stockwerk von diesem Gebäude wurde nachträglich hinzugefügt, um den Uhrenmachern lichtdurchflutete Räumlichkeiten zu bieten
Das obere Stockwerk von diesem Gebäude wurde nachträglich hinzugefügt, um den Uhrenmachern lichtdurchflutete Räumlichkeiten zu bieten / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden hier 95 % der in Frankreich produzierten Taschenuhren hergestellt. Im Jahr 1900 erreichte die Uhrenproduktion in Besançon ihren Höhepunkt. Von den damals 60.000 Einwohnern arbeiteten 10.000 in der Uhrenindustrie. Jährlich wurden 650.000 Uhren produziert, wobei nur die aus Gold und Silber gezählt wurden. Danach begann die Produktion zu sinken, nicht zuletzt aufgrund der Einführung von Armbanduhren nach dem Ersten Weltkrieg.

So sah der typische Arbeitsplatz für die Uhrenmacher aus, nachdem die ersten Fabriken Einzug hielten
So sah der typische Arbeitsplatz für die Uhrenmacher aus, nachdem die ersten Fabriken Einzug hielten / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Das Uhrenmuseum Musée du Temps

Das Musée du Temps befindet sich im Herzen eines prestigeträchtigen Renaissancepalastes, dem Palais Granvelle. Im Museum der Zeit lässt sich die Geschichte der Uhrmacher anhand einer umfangreichen Sammlung von historischen Uhren und Zeitmessern nachverfolgen. Die Ausstellung umfasst Werke aus verschiedenen Epochen und Regionen, darunter exquisite Taschenuhren, elegante Armbanduhren und beeindruckende Standuhren, deren Produktion jedoch eher im Jura-Gebirge angesiedelt war.

Die astronomische Uhr von Antide Janvier zeigt die synodischen Umläufe der Planeten des Sonnensystems
Die astronomische Uhr von Antide Janvier zeigt die synodischen Umläufe der Planeten des Sonnensystems / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel
Es gibt im Museum eine Sonderausstellung über die Marke Lip, die eine Pionierrolle in der Uhrenwerbung einnahm. Lip beauftragte den Designer Roger Tallon, der den TGV-Zug entworfen hat, mit der Gestaltung einer Uhren-Kollektion
Es gibt im Museum eine Sonderausstellung über die Marke Lip, die eine Pionierrolle in der Uhrenwerbung einnahm. Lip beauftragte den Designer Roger Tallon, der den TGV-Zug entworfen hat, mit der Gestaltung einer Uhren-Kollektion / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Ein besonderes Exponat des Museums ist die prestigeträchtigste Leroy 01, die 85 Jahre lang als die komplizierteste Uhr der Welt galt. Sie wurde im Jahr 1897 auf Bestellung von dem wohlhabenden Portugiesen António Augusto Carvalho Monteiro von Louis Leroy gefertigt und benötigte sieben Jahre zur Feinabstimmung. Die luxuriöse Taschenuhr wurde in Besançon hergestellt, wobei die Uhrwerke aus der Schweiz stammten. Dieses Meisterwerk ist eine mechanische astronomische Uhr mit zwei Zifferblättern, hergestellt aus 18-karätigem, graviertem Gold, mit einer Krone, die mit Edelsteinen besetzt ist. Sie besteht aus einer Rekordanzahl von Uhrwerken, zusammengesetzt aus 975 Teilen, um Stunden, Minuten und Sekunden anzuzeigen, und bietet eine Rekordanzahl von 24 Komplikationen, darunter drei Sternenkarten von Paris, Lissabon und Rio de Janeiro, die Zeit in 125 Städten, eine Mondphasenanzeige, ein Dreiton-Carillon und viele weitere nie dagewesene Funktionen.

Die Leroy 01 wird als weltweiter Maßstab für extrem komplizierte französische Uhrmacherei angesehen und erhielt den Sonderpreis der Jury auf der Weltausstellung 1900 in Paris
Die Leroy 01 wird als weltweiter Maßstab für extrem komplizierte französische Uhrmacherei angesehen und erhielt den Sonderpreis der Jury auf der Weltausstellung 1900 in Paris / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Astronomische Uhr

Ein weiteres Talent im Bereich Uhrenkunst war der Uhrmacher Auguste-Lucien Vérité. Der Autodidakt ist für den Bau der unter Denkmalschutz stehenden astronomischen Uhr verantwortlich, die in der Kathedrale Saint-Jean de Besançon besichtigt werden kann. Die Konstruktion begann im Jahr 1858 und dauerte bis 1863. Dieses Kunstwerk besteht aus über 30.000 Einzelteilen und zeigt eine Vielzahl von astronomischen und kalendarischen Informationen an. Die Komplexität der Mechanismen ist ein Zeugnis für die fortschrittliche Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts. Neben der normalen Zeitmessung zeigt die Uhr auch die Sternzeit an, die Positionen der Sonne und des Mondes, die Mondphasen, Sonnen- und Mondfinsternissen sowie die Gezeiten. Außerdem verfügt über einen liturgischen Kalender, der die Feiertage der Kirche über mehrere Jahre hinweg zur Schau stellt.

Die astronomische Uhr von Besançon vereint technologische Raffinesse, …
Die astronomische Uhr von Besançon vereint technologische Raffinesse, … / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Zeitgenössische Uhrmacherkunst bei Utinam

Auch heutzutage finden sich in Besançon noch Uhrmacher. Im Atelier von Philippe Lebru werden unter dem Namen Utinam seit nunmehr 30 Jahren zeitgenössische Kunstwerke hergestellt. Seine Mission ist es, der traditionellen Uhrmacherei durch atypische Kreationen neues Leben einzuhauchen. Neben Armbanduhren und Wanduhren haben es ihm besonders Standuhren angetan, die er im Bauhaus-Stil modernisiert hat. Seine Kreativität brachten ihm schon viele Preise ein, wodurch er die Rolle der französischen Uhrenhauptstadt auf internationaler Bühne hervorheben konnte.

Das Herz von Philippe Lebru schlägt für Designer-Uhren
Das Herz von Philippe Lebru schlägt für Designer-Uhren / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel
… wissenschaftliche Präzision und künstlerisches Geschick
… wissenschaftliche Präzision und künstlerisches Geschick / © FrontRowSociety.net, Foto Yvonne Asel

Wer möchte, findet hier die einzigartige Gelegenheit, für eine Stunde in die Rolle eines Uhrmachers zu schlüpfen. Unter Anleitung kann man ein mechanisches Uhrwerk zusammenzubauen oder einen Zeiger auf einem Zifferblatt setzen.

Dieses ist ein redaktionell erstellter Artikel, der durch externe Unterstützung möglich gemacht wurde. Die Unterstützung hat jedoch keinen Einfluss auf den hier abgebildeten Inhalt. Es gilt der Redaktionskodex.