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Wandern bedeutet Freiheit. Und beides war lange Zeit Männern vorbehalten. Dennoch fanden mutige Frauen immer Wege aus der für sie vorbestimmten Enge. Auf der Suche nach dem Sinn des Daseins eroberten sie sich Wege durch natürliche Gefilde, skeptisch beäugt, nicht nur von ihren männlichen Mitmenschen. Unterwegs zu sein heißt, sich von Konventionen zu lösen. Das „Zu Fuß gehen“ verkörpert Langsamkeit und ist gleichbedeutend mit dem „Sich Zeit nehmen“, Details wahrzunehmen und Gedanken zu ordnen. Jene Frauen schrieben auch über das Wandern. Nicht nur starr über Routen, sondern formten daraus Geschichten, die das Herz berühren. Sie beschrieben die Spiritualität des Laufens, die Möglichkeiten der genauen Beobachtung und den sich daraus entwickelten Freigeist. Mit den Büchern „Frauen, die wandern, sind nie allein“ und „Sisi – Es lebe die Freiheit“ entdecken wir, dass das Wandern schon seit Jahrhunderten eine weibliche Seite hat.

Der Berg ruft in der facettenreichen Region Tegernsee
Der Berg ruft, folgen wir ihm / © Redaktion FrontRowSociety.net

Buchrezension: Frauen, die wandern, sind nie allein

Kerri Andrews Buch „Frauen, die wandern, sind nie allein“ porträtiert zehn inspirierende Frauen, die durch ihre Wanderlust und ihre literarischen Werke Geschichte schreiben. Sie zeigt, wie diese Frauen durch das Wandern neue Perspektiven gewinnen, ihre Kreativität entfachen und sich gesellschaftlichen Konventionen widersetzen. Dieses Buch ist zudem eine Hommage an die transformierende Kraft des Wanderns, verdeutlicht an den Beispielen der Protagonistinnen.

Zugleich verbinden diese Frauen ihre Leidenschaft für das Schreiben und ihren Wunsch nach Unabhängigkeit. Jede von ihnen nutzt das Reisen, um sich selbst zu finden, Grenzen zu überwinden und nicht zuletzt ihre Stimmen in einer von Männern dominierten Welt zu erheben. Sehr sympathisch am Werk von Dozentin Kerry Andrews ist der Umstand, dass es ohne sentimentale Verklärung auskommt. So nimmt sie sich auch der Unterschiede der Frauen in Lebenswelten und den dazugehörigen Erfahrungen an. Die sozialen und politischen Rahmenbedingungen, mit denen sie konfrontiert sind, variierten je nach Epoche und Herkunft.

Die britische Dozentin für Englische Literatur, Kerry Andrews, widmet sich Frauen, die sich entgegen aller Konventionen ihre Freiheit erwandert haben / © Redaktion FrontRowSociety.net

Beim Lesen dieser Zeilen ist man unterwegs mit berühmten Denkerinnen, Dichterinnen und Autorinnen. Den Anfang macht Elizabeth Carter. Weiterhin werden Wanderungen, Leben und Schriften von Dorothy Wordsworth, Ellen Weeton, Sarah Stoddart Hazlitt, Harriet Martineau, Virginia Woolf, Nan Shepherd, Anaïs Nin, Cheryl Strayed sowie Linda Cracknell beleuchtet. Bei allen Frauen wird der Wunsch nach Freiheit greifbar, ein Wunsch, der jede Leserin und auch jeden Leser beflügelt.

Ein kluges und stimmungsvolles Buch, welches mitreißende Porträts zehn unabhängiger Frauen schildert / © Redaktion FrontRowSociety.net

„Frauen, die wandern, sind nie allein“ ist eine Würdigung der Widerstandsfähigkeit und des Pioniergeistes dieser Frauen. Wandern bedeutet Grenzerfahrungen und Naturverbundenheit als lebensbejahendes Selbstbewusstsein, nicht nur die Frauen im Buch von Kerry Andrews. 

Titel: Frauen, die wandern, sind nie allein
Verlag: Goldmann Verlag, München
ISBN: 978-3-442-31677-9
Erscheinungsjahr: 2022
Autor: Kerri Andrews

Buchrezension: Sisi – Es lebe die Freiheit

„Sisi – Es lebe die Freiheit“: ein bildgewaltiges Buch, das die Kaiserin von Österreich und Ungarn in einem Licht erscheinen lässt, welches Facetten ihrer Persönlichkeit beleuchtet, die zu ihrer Zeit als unweiblich verspottet wurden. Als Frau des 20. bzw. 21. Jahrhunderts denke ich: Es geht doch nur ums Wandern, um die Liebe zur Natur und um die Spiritualität, die man in den Bergen findet. Ein wenig beklemmend ist das Wissen, dass ihre Biografie umgedeutet wurde, zurechtgestutzt auf die Rolle der adligen Frau des ausgehenden 19. Jahrhunderts. 

Autorin Sandra Freudenberg nimmt die für uns neue Sisi unter die Lupe. Sie erzählt von einer Frau, der das höfische Korsett zu eng ist, die ein Schlupfloch in der Beschränktheit des Palastes findet sowie nach Bildung und Freiheit strebt. All das scheint uns normal. Doch was wäre unsere Gesellschaft heute ohne Frauen wie die berühmte Kaiserin, die Spott und Häme offenbar mit einem Schulterzucken abtat und einfach ihren Weg ging? Und der führte meist in die Berge und an abgelegene Orte, fern von jeglichen Oberflächlichkeiten.
 
Sisi – Es lebe die Freiheit zeigt uns die österreichische Kaiserin von einer fast unbekannten Seite / © Redaktion FrontRowSociety.net

Bereits als junges Mädchen entdeckt Elisabeth die Natur, ermuntert von ihrer Mutter Herzogin Ludovica, Menschen und Tieren mit Respekt zu begegnen. Daher beschreibt Sandra Freudenberg auch Sisi-See-Wege, die sich in der Nähe von Schloss Possenhofen befinden. Und jeder unabhängigen, modernen Wanderin unterbreitet die Autorin Wandervorschläge, um auf Sisis Spuren wandeln zu können. Erstaunlich ist, welche Höhen und Weiten sich diese Frau eroberte. Im Buch finden wir nun die Lieblingswege einer unbeugsamen Kaiserin in Bad Ischl, am Tegernsee, in Meran, am Großglockner sowie am Genfer See. 

Ein Buch, entstaubt vom Glamour-Image einer verkannten Frau / © Redaktion FrontRowSociety.net

„Sisi – Es lebe die Freiheit“ räumt nicht nur mit dem kitschigen Klischee einer Monarchin auf, sondern ermutigt jede Frau, neugierig zu sein. Nach persönlicher Erfüllung und Unabhängigkeit zu streben, ist die wohl lehrreichste Aussage, die das Buch von Sandra Freudenberg sowie die Bilder von Andy Dauer treffen.

Titel: Sisi – Es lebe die Freiheit
Verlag: Frederking & Thaler, München
ISBN: 978-3-65416-376-2
Erscheinungsjahr: 2024
Autor: Sandra Freudenberg, Andy Dauer

Sandra Freudenberg – ein Zitat aus ihrem Buch, dem nichts hinzuzufügen ist: Noch Reinhold Messner äußerte sich über Gerlinde Kaltenbrunner, die Ausnahmebergsteigerin aus Österreich, die sich anschickte, als erste Frau alle vierzehn Achttausender der Erde zu besteigen (was ihr ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff gelang), herablassend: Er verglich sie mit Paris Hilton und kritisierte insbesondere, dass sie „öffentlichkeitssüchtig“ sei – ausgerechnet!

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