Der Naturpark Zwin an der belgisch-niederländischen Grenze ist ein einzigartiges Naturparadies, das für seine dynamische Küstenlandschaft und reiche Artenvielfalt bekannt ist. Einst eine Meeresbucht, bietet das Zwin heute eine faszinierende Mischung aus Salzwiesen, Dünen und Wattgebieten, die seltene Pflanzen und zahlreiche Vogelarten beherbergen.
Besonders Zugvögel nutzen den Park als wichtigen Rast- und Brutplatz, was ihn zu einem Paradies für Vogelbeobachter macht. Zudem gibt es interaktive Ausstellungen und Wanderwege, die Besucher die Küstennatur hautnah erleben lassen. Im Rahmen unserer Pressereise Knokke-Heist haben wir den außergewöhnlichen Naturpark kennengelernt und konnten mit der Direktorin Ina De Wasch ein Interview führen. Ina ist sehr sprachbegabt, denn dieses Interview haben wir in deutsch geführt.
Andreas Conrad: Was sind die einzigartigen Merkmale des Naturparks Zwin im Vergleich zu anderen Naturschutzgebieten in Belgien oder Europa?
Ina De Wasch: Der Naturpark Zwin ist ein außergewöhnliches Gezeitengebiet an der Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden und ein einzigartiges Naturschutzgebiet in Belgien. Was ihn so außergewöhnlich macht, ist die Wechselwirkung zwischen Land und Meer. Zweimal am Tag strömt Meerwasser aus der Nordsee in das Gebiet. Das Naturschutzgebiet lebt im Rhythmus der verschiedenen Jahreszeiten und der Dynamik der Gezeiten mit Ebbe und Flut. Dieses besondere Zusammenspiel von Land und Meer schafft eine einzigartige Landschaft aus Watten und Salzwiesen mit ihrem seltenen Reichtum an Tieren und Pflanzen. Het Zwin ist das größte Watten- und Salzwiesengebiet Belgiens. Salzwatten und Salzwiesen sind an den Küsten und Flussmündungen Westeuropas selten.
Het Zwin ist eine unverzichtbare Verbindung für Zugvögel. Jedes Jahr landen hier Tausende von Vögeln an, um zu brüten, zu überwintern oder auf Nahrungssuche zu gehen. Das rege Kommen und Gehen der Vögel hat dem Gebiet den Beinamen internationaler Flughafen für Vögel eingebracht.
Mehr als 3.700 Arten von Organismen wurden bereits gezählt. Eine der bekanntesten sind die Laubfrösche, die in zahlreichen Gewässern des Gebiets leben und in Belgien äußerst selten sind. Außerdem können Sie hier typische seltene Pflanzenarten bewundern, darunter Glaswurz und Seelavendel. Besonders bekannt ist Het Zwin für seine Vogelwelt. Mit 320 identifizierten Arten ist es eines der artenreichsten Vogelgebiete Belgiens. Der Naturpark Zwin beherbergt die älteste Brutkolonie von Störchen des Landes, die zweifellos die Lieblinge der Bevölkerung sind. Die Störche wachsen vollständig in einer natürlichen Umgebung auf und ihr Bestand und ihr Zugverhalten werden im Rahmen des wissenschaftlichen Projekts Operation Storch untersucht. Operation Stork im Naturpark Zwin ist ein Projekt, das 2019 in Zusammenarbeit mit dem Institut für Naturwissenschaften gestartet wurde. Ziel ist es, die Storchenpopulation besser zu überwachen und zu verstehen, indem Jungstörche mit kleinen Sendern ausgestattet werden. Auch die Jungstörche werden jährlich beringt, ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Institut für Naturwissenschaften. Dies ist nur ein Beispiel für die vielen wissenschaftlichen Forschungen, die im Zwin durchgeführt werden.
Der Naturpark Zwin ist ein nachhaltiger Erlebnispark, in dem die Besucher die Möglichkeit haben, die typische und besondere Natur der Zwin auf attraktive und anregende Weise zu entdecken und zu erleben. Dies sowohl interaktiv als auch direkt und in engem Kontakt mit der Natur, im Besucherzentrum, in den Dauer- und Wechselausstellungen, im Aussichtszentrum, auf dem Hüttenweg und im Gezeitengebiet der Zwin-Niederung.
Andreas Conrad: Wie hat sich der Park in den letzten Jahren entwickelt und welche zukünftigen Projekte stehen an?
Ina De Wasch: Het Zwin hat seinen Namen von der flachen Gezeitenrinne an der Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden, durch die das Meer täglich ein- und ausströmt. Es ist seit 1952 ein Naturschutzgebiet und war das erste flämische Naturschutzgebiet, das vom damaligen Bürgermeister Graf Leon Lippens eingerichtet wurde.
Das Naturschutzgebiet war lange Zeit in privater Hand, bei der Compagnie het Zoute, und wurde 2006 verkauft: Der Vogelpark kam in die Hände der Provinz Westflandern und die Zwinvlakte wurde von der flämischen Regierung erworben. Die beiden Behörden haben sich zusammengetan und das Gebiet in den renovierten Naturpark Zwin umgewandelt, der im Juni 2016 wiedereröffnete.
Seitdem ist das Naturschutzgebiet noch größer geworden: 2019 wurde die Zwinvlakte um 120 Hektar erweitert, wodurch der Zwin noch größer, sicherer und wertvoller wurde. Rund um die Zwinvlakte verläuft der 6 km lange internationale Deich, auf dem man von Knokke bis in die Niederlande und zurück radeln und wandern kann.
Seit 2024 ist der Naturpark Zwin auch das Hauptempfangstor für den grenzüberschreitenden Landschaftspark Zwinstreek. Außerdem ist er Teil des Unesco Global Geopark Schelde-Delta.
Der Park bietet das ganze Jahr über ein breites Spektrum an öffentlichen Aktivitäten und Führungen. Jedes Jahr finden interessante und international bekannte Ausstellungen statt, die jeweils einen Bezug zur Natur haben. Im Sommer 2025 steht die Doggerland-Ausstellung über das ertrunkene Land nach der letzten Eiszeit auf dem Programm. Überreste von Tieren und Menschen, die dort lebten, werden immer noch aufgefischt und landen bei Auffüllungsarbeiten am Strand.
Für die Zukunft sind eine Reihe von Herausforderungen geplant, wie z. B. die Einbeziehung von Einwohnern und Besuchern (Verbindung mit der Nachbarschaft), die Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität zum Zwin, die Entwicklung eines multimedialen Erlebnisraums, der den Besucher vollständig in die Natur des Zwin eintauchen lässt, das Erreichen eines breiteren Zielpublikums, um es für die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Natur zu sensibilisieren, die Anregung zu wiederholten Besuchen zusätzlich zur werblichen Kommunikation und Förderung, die weitere Entwicklung und der Schutz der Natur des Zwin und das Erreichen der Naturschutzziele.
Andreas Conrad: Wie tragen Eure Bildungsprogramme dazu bei, das Bewusstsein für den Naturschutz zu fördern, insbesondere bei jüngeren Generationen?
Ina De Wasch: Junge Generationen sind eine wichtige Zielgruppe für den Naturpark Zwin. In Zukunft möchte der Naturpark Zwin die Jugendarbeit noch stärker ausbauen.
Derzeit gibt es zwei Möglichkeiten, die jungen Generationen zu erreichen: zum einen durch den Schulbetrieb und die Bereitstellung von Bildungsprogrammen. Mit dem umfangreichen Angebot für Schüler und Studenten im Alter von 5 bis 26 Jahren erreicht der Naturpark Zwin jedes Jahr rund 15.000 Schüler. Andererseits durch das allgemeine Angebot für Familien mit Kindern: die interaktive Ausstellung mit auf die jüngere Generation zugeschnittenen Informationen, die Erlebniselemente im Hüttenweg, die speziell für Kinder zwischen 5 und 12 Jahren konzipierten Familienwanderungen, die Kinderaktivitäten im Park wie Basteln, Geschichten hören, … .
Alle Aktivitäten stehen im Zusammenhang mit der Natur: Je besser junge Menschen die Natur kennen lernen, desto mehr schätzen sie sie und wollen ihren Beitrag zu ihrem Schutz leisten.
Andreas Conrad: Welche Bedeutung hat der Naturpark Zwin für die Erhaltung von Zugvögeln und anderen bedrohten Tierarten?
Ina De Wasch: Der Naturpark Zwin spielt eine wichtige Rolle bei der Erhaltung von Zugvögeln und anderen bedrohten Arten. Der Zwin genießt nach internationalen und nationalen Naturschutzbestimmungen einen sehr hohen Schutzstatus . Het Zwin ist ein Natura-2000-Gebiet, das heißt, es steht wegen seiner einzigartigen Lebensräume und Arten unter europäischem Schutz. Da der Zwin sowohl auf belgischem als auch auf niederländischem Gebiet liegt, gelten in beiden Ländern unterschiedliche Schutzregelungen. Das Gebiet ist 768 Hektar groß, 567 Hektar auf belgischem und 201 Hektar auf niederländischem Gebiet.
Auf dem Boden des Wattenmeeres leben zahlreiche Würmer, Schnecken und Muscheln, die vielen Vögeln als Nahrung dienen. Viele Zugvögel kommen wegen dieser Nahrung. Sie machen hier für kurze oder längere Zeit Halt, um zu rasten und nach Nahrung zu suchen. Auch in den anderen Lebensräumen des Zwin finden viele Zugvögel Nahrung und Rast. Das Gebiet ist ein wichtiger Zwischenstopp für diese Vögel auf ihrem Weg zwischen ihren Brutgebieten und den Überwinterungsgebieten.
Viele Vögel kommen auch zum Brüten in das Zwin-Gebiet, unter anderem auf die Brutinseln, wo sich während der Brutsaison eine große Anzahl von Koloniebrütern aufhält. Die Brutinseln auf den Zwinplas sind von der Aussichtshütte aus gut zu sehen. Am Ende des Winters treffen die ersten Lachmöwen und Schwarzkopfmöwe ein; auch Watvögel wie Austernfischer und Säbelschnäbler sind dort anzutreffen. Seeschwalben treffen ab Mitte April aus ihren afrikanischen Winterquartieren ein. Im Mai und Juni herrscht auf den Inseln ein reges Treiben. Auch der Storch kehrt jedes Jahr aus dem Süden in den Naturpark Zwin zurück, um zu brüten.
Eine andere Gruppe sind die Wintergäste. Für viele Arten ist der Zwin ein Gebiet, in dem sie Nahrung und Ruhe finden, um den Winter zu verbringen. Bemerkenswerte Artengruppen der überwinternden Zugvögel sind Watvögel, Enten und Gänse.
Der Laubfrosch ist die auffälligste Amphibienart in der Zwin. Er ist in Belgien eine seltene Art, die nur in einer Handvoll Gebiete vorkommt. Der Zwin ist der einzige Ort in Westbelgien, an dem Laubfrösche noch vorkommen. Nach einem Tiefpunkt um die Jahrhundertwende geht es der Art wieder deutlich besser. Dies ist gezielten Bewirtschaftungsmaßnahmen zu verdanken, wie zum Beispiel der Anlage zahlreicher Tümpel. Heutzutage ist die Art leicht zu beobachten, zum Beispiel an sonnigen Tagen.
Die typischsten Pflanzen des Zwin sind mehrere Arten salztolerante Pflanzen, wie z. B. Seelavendel, Strand-Salzmelde, Queller, Strandaster. Es gibt auch einige sehr seltene Pflanzen, wie z. B. den Stiefelrüchtige Salzmelde der auf der Roten Liste der Pflanzen steht.
Das hohe Schutzniveau des Naturparks sorgt dafür, dass sich die einzigartige Fauna und Flora dort weiter entwickeln kann. Der Naturpark Zwin achtet stets auf das Gleichgewicht zwischen Natur und Erholung.
Die Erhaltung und der Schutz der besonderen Natur des Zwin, insbesondere der Schutz der Zugvögel, setzt auch die Gewinnung von Wissen und Erkenntnissen durch wissenschaftliche Forschung voraus .
Der Naturpark misst der wissenschaftlichen Forschung einen hohen Stellenwert bei. Der Naturpark Zwin und das Agentschap Natuur en Bos sind durch Forschungen aller Art ständig am Puls der Zeit. Diese Forschung betrifft viele Artengruppen der Fauna und Flora. Sie erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Einrichtungen, wie dem Naturpark Zwin selbst, aber auch wissenschaftlichen Einrichtungen wie dem Flämischen Institut für Natur- und Waldforschung (INBO) und verschiedenen Universitäten. Mit seiner Bildungsarbeit will der Naturpark Zwin zur Unterstützung der Erhaltung der im Zwin vorkommenden Arten und des Naturschutzes im Allgemeinen beitragen. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass er die wissenschaftliche Forschung und ihre Ergebnisse vorstellt, wie zum Beispiel die Vogelberingungsforschung.
Andreas Conrad: Wie beeinflusst der Klimawandel den Naturpark und welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Auswirkungen abzumildern?
Ina De Wasch: Der Klimawandel wirkt sich in erster Linie auf die empfindlichen Lebensräume des Gebiets aus. Lange, intensive Dürre- und Regenperioden hatten in den letzten Jahren erhebliche Auswirkungen auf diese. Die Auswirkungen auf Fauna und Flora können sowohl positiv als auch negativ sein. Der Klimawandel hat eindeutig Auswirkungen auf die in diesem Gebiet vorkommenden Spezies. Bestimmte Spezies, die eher nördlich verbreitet sind, ziehen sich aus dem Gebiet zurück, während südliche Spezies auf dem Vormarsch sind. Dies zeigt sich bei vielen Artengruppen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur und die biologische Vielfalt sind an sich schon sehr tiefgreifend, werden aber durch die starke Zersplitterung der Landschaft in einem sehr dicht besiedelten Land wie Belgien, wo die Naturschutzgebiete im Allgemeinen klein und schlecht oder gar nicht miteinander verbunden sind, noch verschärft. Der Zwin ist zwar ein Naturschutzgebiet von beträchtlicher Größe, liegt aber zwischen viel größeren Gebieten, in denen andere Funktionen als die der Natur Vorrang haben. Diese Situation macht es schwierig, präzise Maßnahmen zu ergreifen, die in einem viel größeren Maßstab als nur dem des Zwin stattfinden müssten, um wirklich wirksam zu sein. Das Schutzgebiet des Zwin hat sich in den letzten 15-20 Jahren erheblich vergrößert, und die Bewirtschaftung der verschiedenen Lebensräume in diesem Gebiet ist unter Berücksichtigung des Klimawandels sehr viel gezielter auf die gefährdeten Lebensräume ausgerichtet worden. Da das Gebiet größer geworden ist und robuster geworden ist und seine Bewirtschaftung verbessert wurde, sollte es den Auswirkungen des Klimawandels besser standhalten können.
Eine weitere Auswirkung des Klimawandels, die derzeit noch begrenzt ist, aber in Zukunft möglicherweise relevant sein wird, ist der Anstieg des Meeresspiegels und das häufigere Auftreten von immer heftigeren Stürmen. Für ein niedrig gelegenes, direkt mit dem Meer verbundenes Küstengebiet wie die Zwin könnte dies erhebliche Folgen haben. In Form eines Prozesses, der als „Küstendruck“ bezeichnet wird, könnte er dazu führen, dass die seltenen Watt- und Salzwiesenlebensräume des Zwin immer weniger Platz zwischen dem steigenden Meeresspiegel und den Deichen haben, die das Gebiet auf der Landseite begrenzen. Um den künftigen Auswirkungen des Klimawandels teilweise entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahren umfangreiche Arbeiten durchgeführt, um die Fläche der Watt- und Salzwiesen zu vergrößern, indem eine Reihe angrenzender landwirtschaftlicher Flächen, die in Watt- und Salzwiesen umgewandelt wurden, entpoldert wurden. Dadurch dürfte sich die Fläche der gefährdeten seltenen Lebensräume vergrößern und die Funktionsfähigkeit des gesamten Ökosystems verbessert werden. Gleichzeitig könnte dies dazu beitragen, das Hinterland besser vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, da die Watten und Salzwiesen des Zwin als Puffer zwischen dem steigenden Meeresspiegel und stärkeren Stürmen und dem empfindlichen Hinterland fungieren.
Darüber hinaus hat die Nachhaltigkeit (sustainability) für den Naturpark Zwin oberste Priorität und steht sowohl bei der Gestaltung als auch beim Betrieb des Parks im Mittelpunkt. Das Besucherzentrum ist so konzipiert, dass Materialien, Wasser und Energie so effizient wie möglich genutzt werden. Der Park möchte die Menschen für die zukünftigen Herausforderungen der Nachhaltigkeit und des Klimawandels sensibilisieren und eine Vorreiterrolle bei diesen Themen einnehmen. Das nachhaltige Management des Zwin Natuur Park wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Der Park erhielt das BREEAM-Zertifikat mit der Note ausgezeichnet und den FSC Project Award.
Andreas Conrad: Der Zwin liegt an der Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden. Wie funktioniert die grenzübergreifende Zusammenarbeit in Bezug auf Naturschutz und Tourismus?
Ina De Wasch: Das grenzüberschreitende Zwin-Gebiet genießt nach internationalen und nationalen Naturschutzbestimmungen einen sehr hohen Schutzstatus. In den beiden Ländern gelten unterschiedliche Schutzregelungen. In Belgien fällt der Naturschutz in die regionale Zuständigkeit der Flämischen Region. Auf belgischer Seite ist der Zwin im Besitz von Agentschap Natuur en Bos der flämischen Regierung und wird von dieser verwaltet. Der Naturpark Zwin wird von der Provinz Westflandern betrieben und verwaltet. Der niederländische Teil des Zwin ist Eigentum der Stiftung Zeeuwsche Landschap und wird von dieser verwaltet. Diese verschiedenen Partner arbeiten zusammen, um die natürlichen Werte im Zwin-Gebiet weiter positiv zu entwickeln und die Natur zu schützen.
In den Bereichen Überwachung, Natur- und Umweltschutz besteht eine gute Zusammenarbeit in diesem Gebiet. Unter anderem treffen sich die verschiedenen Akteure jährlich zum Austausch von Überwachungsdaten. Außerdem gibt es die 1949 gegründete internationale Zwin-Kommission, die sich seit 1987 nach langer Inaktivität wieder von Zeit zu Zeit trifft. Dabei werden grenzüberschreitende Themen in der Zwin-Region erörtert und gemeinsame Herausforderungen angegangen, wie z. B. die Verschlammung des Zwin-Kanals und der Zwin-Ebene, die zur Ausweitung der Ebene und Vertiefung des Kanals geführt hat. Im Rahmen des Projekts „Zwin in verandering“ haben sich die Niederlande und Flandern zusammengetan, um den natürlichen Kern der Zwin-Region in bestem Zustand zu erhalten. Durch die Erweiterung wurde ein größeres Gezeitengebiet geschaffen und die Gefahr von Überschwemmungen durch das Meer für das Hinterland verringert.
Im Bereich Natur und Tourismus arbeiten die Niederlande und Belgien im Rahmen konkreter Projekte zusammen, wie dem Interregprojekt “Beleefbare Schelde” im europäischen Interreg-Programm Flandern – Niederlande. Mit dem grenzüberschreitenden Projekt „De Verdwenen Zwinhavens“ wurden die verschwundenen Zwinhavens auf der Grundlage innovativer archäologischer Forschungen der Universität Gent auf einer Fahrradroute und in einer Ausstellung im Naturpark Zwin praktisch wiederbelebt. Der Radweg mit Virtual-Reality Brille unterwegs existiert noch heute.
Die Akteure im grenzüberschreitenden Gebiet sind auch Teil des grenzüberschreitenden Landschaftsparks Zwinstreek als Unesco Global Geopark Scheldt Delta, wo gemeinsame Aktionen in den Bereichen Naturschutz, Tourismus, Kulturerbe usw. entwickelt werden.
Andreas Conrad: Welche Rolle spielt der Tourismus im Zwin und wie schaffen Sie den Balanceakt zwischen Naturschutz und touristischer Erschließung?
Ina De Wasch: Der Tourismus spielt im Naturpark Zwin eine wichtige Rolle, da er die Menschen auf eine zugängliche und inspirierende Weise mit der Natur verbindet. Wir begrüßen jedes Jahr rund 100.000 Besucher aus dem In- und Ausland und sehen es als unsere Aufgabe an, ihnen ein lehrreiches und bereicherndes Erlebnis zu bieten. Unser Ansatz betont den Respekt vor der Natur und die positiven Auswirkungen einer grünen Umgebung auf das Wohlbefinden der Besucher.
Um ein Gleichgewicht zwischen Naturschutz und Tourismusentwicklung zu schaffen, setzen wir auf nachhaltigen (sustainable) Tourismus. So ergreifen wir beispielsweise Maßnahmen, um die Beeinträchtigung der Natur so gering wie möglich zu halten, indem wir die Besucherströme regulieren, empfindliche Lebensräume schützen und nur bestimmte Pfade öffnen. Unser Team arbeitet auch an pädagogischen Programmen und interaktiven Ausstellungen, die den Menschen die Bedeutung des Naturschutzes bewusst machen, so dass die Besucher den Park mit einem größeren Verständnis und Respekt für die Umwelt verlassen. Het Zwin ist eines der bekanntesten Naturschutzgebiete Belgiens und zieht viele Besucher an.
Für viele dieser Besucher ist das Zwin der Ort der Wahl, um sie an die Natur und den Naturschutz heranzuführen. Durch eine Vielzahl von Themen, die sich meist speziell auf die im Zwin zu beobachtende Natur beziehen, werden die Besucher an die Natur und den Naturschutz herangeführt. Die Inhalte werden ständig an die Entwicklung der Natur in der Zwin angepasst, wobei die Ergebnisse der zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die in diesem Gebiet durchgeführt wurden, eine wichtige Rolle spielen, da die Ergebnisse dieser Forschung in die Informationen für die Besucher einfließen. Ein gutes Beispiel ist die Beringung von Vögeln zu wissenschaftlichen Zwecken, die im Park häufig stattfindet. Die Besucher haben die Möglichkeit, diese Beringungsforschung während eines großen Teils des Jahres aus nächster Nähe zu beobachten, und dabei wird das spektakuläre Phänomen des Vogelzugs (für das die Zwin so bekannt ist) im Detail vermittelt.
Wir suchen die Zusammenarbeit mit unseren Partnern und der lokalen Bevölkerung, um gemeinsam zu einem harmonischen Zusammenspiel von Erholung und Umweltschutz beizutragen. Auf diese Weise schaffen wir ein touristisches Erlebnis, das nicht nur Spaß macht und entspannt, sondern auch zur Kenntnis und Erhaltung der Natur beiträgt.
Andreas Conrad: Wie arbeitet Ihr mit der lokalen Gemeinschaft zusammen, um das Zwin als wertvolles Natur- und Kulturerbe zu schützen?
Ina De Wasch: Die Zusammenarbeit mit der lokalen Gemeinschaft ist eine Herausforderung, die wir in Zukunft weiter ausbauen wollen. Derzeit gibt es die Gastgeberorganisation der Region Zwin (Zwingastheren), in der mehr als 120 Gastgeber und Gastgeberinnen tätig sind. Als Unternehmer und/oder Angestellte in der Tourismus- und Freizeitbranche geben sie ihr Wissen und ihre Liebe zum Zwin-Gebiet gerne an Einwohner und Besucher weiter. Sie erkennen sie an dem Schild ‚Gastvrije Zwinstreek‘ an ihrer Fassade. Um Gastvrije Zwinstreek zu werden, müssen Sie einen Kurs absolvieren, bei dem die Vernetzung und der Erwerb von Kenntnissen über Natur, Kultur, Geschichte und regionale Produkte der Region Zwin im Vordergrund stehen.
Wir arbeiten auch eng mit der Gemeinde Knokke-Heist in den Bereichen Jugend, Sport, Natur, Tourismus, Kulturerbe und Erholung zusammen.
FrontRowSociety-Redakteur Andreas Conrad führte das Interview mit Ina De Wasch, Direktorin des Naturpark Zwin in Belgien im September 2024.
Weitere Informationen:
Zwin Natuur Park
Graaf Leon Lippensdreef 8
8300 Knokke-Heist
Belgien