Seit Jahrtausenden hat der Landweg nach China Kaufleute, Pilger, Abenteurer oder Hippies fasziniert. Alexander der Große ist auf seinen Feldzügen bis in Gegenden gekommen, die heute Tadschikistan und Pakistan heißen und Marco Polo schaffte es im Auftrag Venedigs bis China, wo er mehrere Jahre blieb und ihn der Enkel Dschingis Khans zeitweilig zum Präfekten ernannte. Heute baut die Volksrepublik China die Seidenstraße unter dem Titel One Belt, One Road als gewaltiges Infrastrukturprojekt aus.
Monumental-Architektur und Personenkult

In ganz Tadschikistan hängen großformatige Bilder des Präsidenten Emomalij Rahmon. In der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe manifestiert sich der Nationalstolz in prachtvollen Bauten und Skulpturen bekannter Nationalhelden. Trotz alle Identitätssuche ist in der Monumental-Architektur der Sowjet-Stil mit Drang zum Gigantismus unverkennbar. Am höchsten Fahnenmast der Welt weht in Zeitlupe die überdimensionale Nationalflagge.

Der kühlende Hauch von Springbrunnen macht den Park im Zentrum der Stadt zu einem beliebten Ziel. Hier ist die Hitze des Sommers gut zu ertragen. Der weite Blick auf öffentliche Gebäude ist eine Abwechslung zum geschäftigen Treiben in den Geschäftsstraßen der Stadt.



“Abenteuer Seidenstraße” – ein Buch zum Weiterlesen

Da wohl jeder Reisende auf der Seidenstraße nur ein Teilstück erleben kann, lässt sich das Gesamtbild nur aus der Literatur erschließen. Der französische Journalist Alfred de Montesquiou hat 2016 für den Fernsehsender Arte eine Doku-Reihe und anschließend ein empfehlenswertes Buch über die Seidenstraße produziert. In ihm belegt er die These, dass es eigentlich die eine Seidenstraße nie gegeben hat. Dieser romantische Begriff kam erst auf, als die Landverbindung zwischen Europa und China im 15. Jahrhundert durch die Seefahrt bedeutungslos geworden ist.
Montesquiou gibt zu bedenken, dass die Seide ja nur eine der chinesischen Kostbarkeiten war, auf die sich im Westen Höchstpreise erzielen ließen. Mit gleichem Recht hätten man die Straße auch Gewürzstraße nennen können oder allgemein Straße der Ideen. Denn vor allem der Westen war an den leicht transportierbaren Waren, wie Schießpulver, Moschus oder Rhabarber interessiert, die es im technisch damals hoch entwickelten China gab.


Interessant bei Montesquious Beschreibung der verschiedenen Völker entlang der Seidenstraße ist die Unterscheidung, ob es sich ursprünglich um nomadische Viehzüchter oder eher um sesshafte Ackerbauern handelt. Nur die Sesshaften haben interessante Bauwerke hinterlassen. Nomaden versichern sich ihrer Identität durch mündliche Überlieferung, in der die kämpferische Selbstbehauptung eine wichtige Rolle spielt.

Die Chinesen mussten sich vor allem gegen feindliche Nomadenvölker aus dem Norden wehren. Gegen die Hunnenhorden bot selbst die große chinesische Mauer keinen hundertprozentigen Schutz. Dringend benötigt und gegen Seide getauscht wurden die besten Pferde aus dem heutigen Kirgisien.

Der Tauschhandel unter direkten Nachbarn war üblich. Keiner der Kaufleute hatte eine Vorstellung von der gesamten Seidenstraße, da jeder nur einen Teilabschnitt kannte. Wie ein roter Faden ziehen sich die Aufzeichnungen des venezianischen Kaufmanns Marco Polo, die unter dem Namen Die Beschreibung der Welt erschienen sind, durch Montesquious Bunch.

Gerade weil mich meine Reise durch einen Teil der Seidenstraße geführt hat, in dem Montesquiou nicht war, möchte ich die Universalität seiner These bestätigen. Die Seidenstraße ist wohl tatsächlich eher als Korridor mit verschiedenen nebeneinander genutzten Wegen zu verstehen, als dass es sich um eine genau bestimmbare Route handelt. Albert de Montesquiou ist es gelungen, das Phänomen Seidenstraße sowohl mit eigenen Beobachtungen als auch durch kenntnisreiche historischen Einordnungen in der Gegenwart zu verorten.
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